Ist es bei dir vielleicht auch so, dass du dich mit deinen Stärken nur auseinandersetzt, wenn du zu einem Vorstellungsgespräch gehst? Und deine Schwächen hingegen sind dir nur allzu gut bekannt durch die alltäglichen Vergleiche mit der Konkurrenz, Mitstreiter, Freunde, Social Media und Co?
So geht es leider vielen. Dabei können uns diese negativen Gedanken ganz schön hinderlich sein und demotivieren. Irgendwann wirst du deine Gedanken. Das heißt, dass du dir so intensiv zugeredet hast, dass du eine bestimmte Sache nicht kannst oder schaffst und es dann tatsächlich irgendwann glaubst. Daraus kann sich sogar eine Dynamik entwickeln, die sich immer mehr an deinen Stärken zweifeln lässt.
Erst sagst du, dass du nicht so gut zeichnen kannst, weil es dir unangenehm erscheint, anderen zu sagen, dass du (gut) zeichnen kannst. Das kommt nicht nur einmal oder zweimal vor, sondern einige male. Vielleicht ist es eine Standart-Antwort geworden.
Und stell dir mal vor, du legst dann eine Zeichenpause ein, weil es vielleicht zeitlich gerade nicht passt und nach einigen Monaten überlegst du dir, ob du nicht mal wieder was zeichnen könntest. In deinem Kopf hat sich wohlmöglich verankert, sobald du ans Zeichnen denkst oder das Wort hörst, die Reaktion „Ich kann das nicht so gut“ abgespult wird. Im schlimmsten Fall versuchst du es dann nicht einmal, um dich vom Gegenteil zu überzeugen.
Vielleicht entwickelt es sich dann weiter und du traust dir nicht zu bei einem Aquarell-Kurs mitzumachen, wovon du schon ewig schwärmst. Denn du kannst ja leider nicht zeichnen. Schöne Geburstagskarten kannst du leider auch nicht machen, denn du kannst ja nicht zeichnen oder auf andere Art und Weise die Karte verzieren.
Und das nur, weil du nicht zu deinen Stärken stehen wolltest?
Verrückt, oder? Und das klingt für dich vielleicht absurd, dass man eine Fähigkeit so vergessen kann, dass man sie selbst nicht mehr auf dem Schirm hat. Das Zeichnen ist hier ein ziemlich drastisches Beispiel, aber es wird dir bestimmt klar, was ich damit sagen möchte. Es gibt Dinge, die wir können. Diese Fähigkeit stellen wir unter den Scheffel und irgendwann wird diese Lüge zu deiner Wahrheit (im Kopf). Dein Selbstwertgefühl leidet darunter enorm!
Deswegen machen wir uns heute daran, deine Stärken mal wieder aufzupolieren und in deinem Kopf wieder präsenter zu machen!
Deine Stärken (wieder) entdecken
Deine Liste an Stärken ist unendlich lang! Glaubst du mir nicht? Du kannst Dinge besonders gut, sie gehen dir leicht von der Hand, du musst nicht lange darüber nachdenken oder recherchieren. Es gibt einfach diese Themen, die dir liegen. Und das sind eben auch die Themen oder Tätigkeiten, die du ausführst, ohne genauer drüber nachzudenken. Sie sind für dich selbstverständlich. Diese Stärken gehören zu dir und machen dich aus. Für dich mag es vollkommen normal oder auch selbstverständlich sein, dass du besonders gut zuhören kannst oder dass deine Handschrift besonders leserlich ist. Andere bekommen bei dem Versuch nur einen Krampf in ihrer Hand.
Aus diesem Grund müssen wir etwas tiefer graben, um unsere Stärken auch für uns sichtbar zu machen.
1. Andere fragen
Und da wir quasi betriebsblind geworden sind, hilft es einfach einen externen zu befragen. Andere Menschen sehen dich mit ganz anderen Augen. Mit viel liebevolleren und wohlwollenderen Augen. Sie schauen sich nicht jeden deiner Fehler mit einer Lupe an und kramen ganz alte Kamellen aus, so wie du es mit dir selbst machst.
Es mag sich komisch anfühlen, auf deine Freunde zuzugehen und zu fragen: „Hey, welche Stärken würdest du mir zuschreiben?“. Das sind schließlich nicht die üblichen Themen, die man bei einer Tasse Kaffee nach Feierabend bequatscht.
Aber trotzdem werden dich deine Freunde, dein Partner oder deine Familie sicherlich nicht abweisen. Vielleicht könnt ihr ein gegenseitiges „Schmeicheln“ daraus machen. So hat dein Gegenüber ein bisschen mehr Zeit sich nach der überrumpelten Frage zu sortieren und zu überlegen 😉
Frage ruhig mehrere Menschen, so bekommst du ein umfassenderes Bild von dir. Dein Partner sieht dich mit anderen Augen als deine Kollegen oder dein bester Freund.
Mache dir gerne Notizen zu den Antworten und schaue, was sich bei den unterschiedlichen Antworten deckt, was davon du auch so sieht und womit du gar nicht gerechnet hast.
2. Erfolge analysieren
Deine Stärken kannst du natürlich auch an deinen Erfolgen festmachen. Das sind schließlich Situationen, in denen du bereits etwas geleistet hast, deine Fähigkeiten eingesetzt hast und es zu einem guten Ergebnis gekommen ist. Und das geht nicht nur mit Erfolgen, sondern auch Misserfolgen. Denn nur, weil etwas nicht funktionierte, heißt es nicht, dass du es nicht gut gemacht hast. Zu Scheitern kann so viele Gründe haben – eben auch externe Faktoren spielen mit hinein. Du wirst sicherlich nicht jeden einzelnen noch so kleinen Schritt falsch gemacht haben.
Betrachte also die Momente, in denen etwas gut lief. Was hast du in diesen Situationen gemacht? Was hat dich zu dem Ergebnis geführt? Was glaubst du, war der Schlüssel zum Erfolg? War es dein Durchhaltevermögen? Kannst du gut den Blick für das große ganze behalten? Funktionieren deine Projekte besser im Team oder alleine? Kannst du deine Aufgaben realistisch strukturieren, um im Zeitplan zu bleiben?
Sei ruhig kleinteilig und schaue dir alle Aspekte eines Projektes an. Das beginnt bei dem Mindset zu Beginn des Projekts, geht über zu der Durchführung jeder einzelnen Aufgabe (Welche Aufgaben fallen dir leichter als andere?), bis hin zu der Phase nach dem Projekt.
3. Beobachter werden
Das geht natürlich auch ohne ein erfolgreiches Projekt. Beobachte dich in deinem Alltag. Für welche Aufgaben und Tätigkeiten brauchst du scheinbar keine Mühe, um sie umzusetzen oder zu erledigen? Wobei verspürst du Freude und Spaß? Wobei vergisst du die Zeit?
Mache dir dazu ruhig eine Liste und sammle blind drauf los. Im nächsten Schritt kannst du dir überlegen, welche Fähigkeit sich dahinter verstecken könnte. Das ist nicht ganz so leicht (Wir haben schließlich nicht alle Psychologie studiert und kennen alle Stärken und Fähigkeiten), aber natürlich gibt es für alles auch Listen.
Wenn auf deiner Liste also Serien schauen steht, musst du es nicht gleich abwinken, weil es keine Stärke ist. Lässt du dich schnell von den Charakteren mitreißen und bist emotional? Dann passt einfühlsam zum Beispiel. Vielleicht fällt es dir leicht, die Charaktere schnell auseinander zu halten, die Namen und Charaktereigenschaften zuzuordnen. Oder du kannst deinen Freunden die Serie so lebendig wiedergeben, dass sie sofort angefixt sind.
Ebenso ist es eine Stärke zu erkennen, was dein Körper wann benötigt. Und wenn dein Körper dir sagt, dass es Zeit für eine Pause ist und dir eine Serie gönnst, zählt das definitiv zu einer deiner Stärken, die du nicht unter den Teppich kehren sollst.
Für diese Herangehensweise an deine Stärken bedarf es etwas Zeit und auch Kreativität, aber sich näher kennenzulernen ist schließlich ein Prozess. Im Laufe deines Alltags wird dir sicherlich immer bewusster, was du gut kannst und vielleicht überlegst du dir auch schon direkt, was sich für eine Stärke dahinter verbirgt.
4. Ein Ausflug in die Vergangenheit
Auch in deiner Kindheit verstecken sich deine Stärken. Was hast du früher gerne gemacht und was hat dir ein gutes Gefühl gegeben? Wobei hattest du Spaß? Auch hier gilt es, das nicht direkt abzuwerten, weil du mit den Stärken heute nichts mehr anfangen kannst.
Du hast früher viele Malbücher ausgemalt und dabei die Zeit vergessen? Vielleicht versteckt sich da Präzision dahinter, weil du mit der Zeit den Ehrgeiz entwickelt hat, nicht überzumalen. Oder du hast ein gutes Gefühl für Farbharmonien entwickelt? Die Eigenschaften unterschiedlicher Malutensilien kennengelernt oder festgestellt, dass du deine Fantasie dort am besten entwickeln konntest?
Schaue dir also deine Kindheit und Jugend etwas genauer an und knüpfe den Draht zum hier und jetzt. Wie kannst du diese Stärken in dein jetziges Leben integrieren oder wo lebst du sie schon unbewusst aus?
Alles in Allem:
Seine Stärken herauszufinden ist ein recht schwieriges Unterfangen. Was wir gut können, ist für uns selbstverständlich. Wir machen diese Tätigkeiten schließlich dauernd, ohne sie zu hinterfragen. Deine Stärken sind mit der Zeit zu deinem Standard geworden. Erst wenn wir uns näher damit auseinandersetzten, bemerken wir erst, was für Schätze sich in uns verbergen.
Schätze die dein Selbstvertrauen steigern und dir Mut machen, große Aufgaben anzugehen.
Es gibt viele Wege, wie man seinen Schatz bergen und auch öffnen kann. Frage dein Umfeld, schau dir deinen Alltag an und grabe ein wenig in der Vergangenheit. Lasse dich darauf ein und wink deine Fähigkeiten nicht sofort ab, weil „sie ja eh jeder kann“ oder „du damit eh nichts anfangen kannst“. Auch Serien suchten kannst du in eine Stärke umwandeln.
Deine Aufgabe:
Es ist wieder Zeit für einen Zettel und Stift (Oder die digitale Variante 😉). Notiere dir alles Positive zu dir:
- Was macht dir Spaß
- Wobei vergisst du die Zeit
- Was geht dir leicht von der Hand
- Was würdest du machen, wenn Geld und Zeit keine Rolle spielt?
- Wofür würdest du alles stehen und liegen lassen?
- Womit beschäftigst du dich in deiner Freizeit?
- Was machst du in deinem Urlaub?
- Wie sieht dein Urlaub zuhause aus?
- Was kannst du gut?
Und im nächsten Schritt lässt du deiner Kreativität freien Lauf und überlegst dir, welche Stärken dazu passen könnten. Es wird ein wenig Zeit brauchen, bis du in das Denken hineinkommst, aber danach kannst du dich an deinem Schatz erfreuen und täglich davon zehren.